Beim Turnier in Burgebrach haben mein Quarterhorse Macy und ich einen tollen Erfolg errungen: Eine Blaue Schleife in der Disziplin „Hunter under Saddle“. Diese Blaue Schleife ist etwas ganz besonderes für mich.
Ok, es war kein sportlicher Erfolg. Eine Prüfung zu gewinnen, bei der man der einzige Starter ist, ist keine Kunst. Die Schleife ist etwas besonderes, weil sie für das steht, was Macy und ich geschafft haben. Wir waren auf dem Turnier und Macy hat brav seinen Job gemacht. Macy ist gesund und glücklich – das ist die Hauptsache. Und es ist keineswegs selbstverständlich. Denn mehrere Male dachte ich, es sei zu Ende für Macy.
Die Anfänge
Ich habe vor fünf Jaren beschlossen, dass ich gerne ein Westernpferd hätte, weil mir die Rinderarbeit so viel Spaß gemacht hat und ich gerade eh auf der Suche nach einem Pferd war. Gesucht habe ich ein schon ausgebildetes Westernpferd zwischen 7 und 10, bevorzugt einen Braunen oder Fuchs mit vielen Abzeichen. Geworden ist es Macy, fünf, quasi roh, seit zwei Jahren ungeritten, davor wohl mal an Sattel und Reiter gewöhnt. Auch optisch nicht unbedingt das, was ich gesucht habe – ein einfarbiger Buckskin. Aber er war es einfach. Ich weiß nicht mal, warum ich ihn anschauen gefahren bin, er lag halt am Weg nach Norddeutschland und es war so ein Gefühl.
Ich habe Macy im September 2010 bekommen, kurz nach meinen Abschlußprüfungen als Physiotherapeutin. Er war da, er war brav und einfach nur toll. Anreiten? Kein Thema, das klappte einfach. So gut, dass ich fünf Wochen später spontan auf unserem Heim-Turnier eine Pleasure mitgeritten bin. Das Ergebnis war ein dritter Platz. Prima.
Im November und Dezember hatte ich eine Fortbildung und weil ich mit dem Westernreiten kaum Erfahrung hatte, fiel der Entschluss, Macy in Beritt zu geben. Eine gute Grundlage ist schließlich wichtig. Der Beritt-Stall liegt etwa 50 km von mir entfernt. Die ersten Wochen, bevor meine Fortbildung angefangen hat, war ich jeden Tag da, habe ihn gesattelt und beim Reiten zugeschaut. Alles prima, Macy hat sich gut gemacht. Manches hat er sehr schnell gelernt, anderes wollte er einfach nicht verstehen – alles normal also. Danach war ich vier Wochen nur Abends und am Wochenende bei ihm. Aber er schien sich wohlzufühlen, war fröhlich und frech.
Reiten?
Dank Schneechaos habe ich Macy erst mit einer Woche Verspätung wieder bekommen. Trotzdem lief am Anfang alles Prima. Pferdchen brav, Arbeitseifrig und immer mit Spaß bei der Sache. Dann fing es aber an. Zuerst im Galopp. Zirkel kein Problem, aber auf der ganzen Bahn fing er an zu blockieren. Der Gipfel war eine Reitstunde in der er, wenn überhaupt nur noch rückwärts gegangen ist.
Also Kommando zurück, erstmal kein Reiten mehr sondern nur noch Bodenarbeit und Entspannung. Nach ein paar Wochen der nächste Versuch, ähnliches Ergebnis: Macy wurde beim Reiten immer steifer und fester und hat blockiert. Aus einem Bauchgefühl heraus habe ich dann einfach mal den alten Dressursattel von Milka auf Macy gelegt – er hat gepasst wie angegossen und Macy war ein anderes Pferd beim Reiten – lauffreudig, aufmerksam und mit Spaß bei der Sache.
Sarkoide, die Erste
Leider ging es in dieser Zeit schon gesundheitlich bergab mit ihm. Beim Kauf hatte er ein paar kleine weiße Warzen in der Schlauchregion, die drei Tierärzte unabhängig voneinander als harmlose Fohlenwarzen eingestuft haben. Im Februar fingen ein paar der Warzen an zu wachsen. Auch an der Brust und ums Maul herum wurden es immer mehr Knubbel. Macy hatte Equine Sarkoide. Der Tierarzt hat darauf hin aus seinem Blut ein Serum herstellen lassen, um das Immunsystem gegen die Warzen zu stärken. Das Ergebnis: Noch schnelleres Tumor-Wachstum. Und dazwischen schon die erste Kolik.
Im Mai waren die Tumore zum Teil walnußgroß, aufgeplatzt und ständig blutig. Also habe ich beschlossen, Macy operieren zu lassen und zumindest die größten der Tumore entfernen zu lassen. Wir hatten Glück, der Tierarzt hatte gerade junge Tierärzte im Praktikum und beschlossen, Macy sei ein gutes Übungsobjekt. Als Ergebnis wurden aus der geplanten 45 Minuten OP fast zwei Stunden und über 100 Tumore entfernt. Ein paar der Tumore wurden dabei abgetötet und in den Hals implantiert, als eine Art Impfung. Macy war also tumorfrei und die Wunden sind toll geheilt.
Kurz nach der OP hat es leider mich erwischt. Macy ist beim Reiten erschrocken und weggesprungen. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er zum Geräusch hinspringt und saß falsch. Der eigentlich unspektakuläre Sturz hatte leider einen Kreuzbandriss bei mir zur Folge – also durfte ich vier Monate nicht reiten. In der Zeit hat sich zum Glück meine Nachbarin um Macy gekümmert. Nachdem sie ihr eigenes Pferd zu Beginn des Studiums verkaufen musste, hatte sie ohnehin Pferdeentzug – da kam Macy gerade recht. Mit viel Geduld hat sie mit ihm viel Bodenarbeit gemacht und ihn unter dem Sattel gymnastiziert.
Autsch – die Sehne
Ab Ende August konnte ich dann wieder reiten und Spaß mit Macy haben. Doch schon im Oktober der nächste Schock: Ich kam in den Stall und Macy hatte einen Sehnenbogen und ging vorne links deutlich lahm. Der Tierarzt stellte einen Sehnenschaden in der oberflächlichen Beugesehne fest – das sollte eigentlich mit ein paar Wochen Boxenruhe und nur kontrollierten Spaziergängen wieder in den Griff zu bekommen sein. Dazu gab’s Entzündungshemmer – und Koliken.
In der Boxenruhe Zeit hatte Macy immer wieder leichte Koliken. Ohne Entzündungshemmer wurde es besser. Aber als er wieder auf die Koppel durfte wurden die Koliken immer schlimmer. Damals bekamen die Pferde morgens Heu, dann Kraftfutter und dann ging es für acht Stunden auf die Koppel – ohne Raufutter. Wenn die Pferde am Nachmittag wieder in ihre Box kamen haben sie die Reste des Morgenheus und das Mittagsheu in Rekordzeit verputzt – und Macy hat gekolikt. Oft nur leicht, so dass ich es mit Colosan und führen wegbekommen habe, aber auch mehrfach so schlimm, dass wir den Tierarzt gebraucht haben.
Dann hat Macy die verletzte Sehne überlastet und der nächste Sehnenschaden war da – doof für das Bein, aber gut für den Bach. Die Koliken waren fast weg, wenn er den ganzen Tag Raufutter hatte. Also habe ich den Stall gewechselt, so dass das Pony rund um die Uhr Heu hat und sich die Magengeschwüre beruhigen können. Das hat gut geklappt und auch die Sehne hat sich gut erholt.
Im Januar durften wir wieder anfangen Macy aufzutrainieren – das Glück hielt genau vier Wochen, dann fing er wieder an vorne links zu lahmen, bevorzugt in Wendungen und auf hartem Boden. Also mal wieder Tierarzt: Hufgelenksentzündung – Spritzen und ein paar Wochen schonen. Und auf weichen Böden möglichst geradeaus ausreiten. Zum Glück ist Macy im Gelände eine Lebensversicherung und auch nach langen Stehphasen echt brav.
Sarkoide, die Zweite
In dieser Zeit kamen aber leider auch die Sarkoide wieder, allerdings nicht so schlimm. Behandelt habe ich sie trotzdem: Mit ätzenden Salben, die das Tumorgewebe zum Absterben bringen sollen, mit homöopatischen Kuren und Kräuterfutter – geholfen hat eigentlich nichts wirklich.
Zeitgleich ging es dem Fuß immer besser und ich konnte wieder auftrainieren. Ganze drei Wochen lang konnte ich Macy voll reiten, dann hatte er eine Huflederhautentzündung vom beschlagen, eine Kolik vom Schmerzmittel und eine Zerrung im Rücken vom festliegen in der Box. Also wieder Ruhe und neu anfangen. Zwischenzeitlich ergab sich die Chance, Macy innerhalb des Stalls umzustellen, so dass er nur Nachts in die Box kam und den ganzen Tag mit acht anderen Pferden zusammen auf einer riesigen Koppel verbringen konnte. Eigentlich paradisisch.
Männer halt
Macy gings besser und ich konnte wieder reiten – ganze 4 Wochen lang – dann war da ein Traktor auf der Koppel. Und Macy ist ein Mann. Also musste er den Traktor ganz genau untersuchen und drauf rumklettern. Mit allen vier Füßen. So weit so lustig – nur leider hat er sich dabei mit dem Hufeisen verhakt und beim Versuch sich zu befreien, hat er sich vorne rechts den Fesselträger angerissen – sechs Monate Pause. Mal wieder. Und dazu die Aussage es sei unklar ob er je wieder belastbar wird. Denn alles was der Sehne gut tut, fördert leider die Tumore oder schadet den Magengeschwüren.
Ob ich Macy je wieder reiten kann?
Behandlungstechnisch ist Macy ein Albtraum. In der Zeit stand er zum Teil mit hängendem Kopf in der Box und wollte sich gar nicht mehr bewegen. Zwischenzeitlich habe ich sogar überlegt, ihn einschläfern zu lassen, weil er mir so leid getan hat.
In dieser Phase habe ich Macy in soweit aufgegeben, dass ich beschlossen habe, dass er eh nicht mehr voll belastbar wird. Also sollte ein zweites Pferd her zum Reiten. Der Plan für Macy sah eigentlich nur noch gemütliche Ausritte und etwa Bodenarbeit vor. Eine Freundin hat angefangen, ihn als Therapiepferd auszubilden. Das machte ihm Spaß und gab ihm eine Aufgabe.
Im Juli kam mein Trakehner Winnie und Macy ging es gut, so gut, dass ich ihn wieder voll reiten konnte und er wollte arbeiten – bloß kein Gelände, das ist langweilig. Die Sarkoide waren allerdings wieder schlimmer, so dass ich mich zu einer zweiten OP im August entschlossen habe. Inzwischen hatten wir auch wieder einen passenden Westernsattel gefunden, mit dem Macy zufrieden läuft. Er wurde also wieder Westernpony.
Das war knapp
Eine Woche vor dem OP Termin hat Macy mich aber erschreckt. Zu Tode erschreckt. Ich wollte ihn von der Koppel holen und habe mich schon gewundert, warum die komplette Herde um ihn herum stand, ganz ruhig – eigentlich untypisch. Als ich vor ihm stand, wusste ich warum. Er hatte sich aufgespießt. Zwischen Brustkorb und Vorderbein klaffte eine 20 cm lange und etwa 30 cm tiefe Wunde, in der Arterien und Nerven frei sichtbar offen lagen. Blut ist fast keins geflossen. Zum Glück. Die sichtbare Arterie versorgt das komplette Vorderbein mit Blut. Ein winziger Riss in diesem Blutgefäß und keiner hätte Macy vor dem Verbluten retten können.
Tierarzt war natürlich keiner schnell greifbar. Alle waren auf Notfällen unterwegs oder ewig weit weg. Also sollte Macy in die Klinik, so schnell wie möglich. Zum Glück konnte mich eine Miteinstellerin fahren und ein Stallkollege hat uns spontan seinen Hänger geliehen. Nur Macy wollte nicht. Normal steht Macy nach zweimal Nachfragen innerhalb von fünf Minuten im Hänger – an diesem Tag nicht. Nach einer Stunde und nur mit Sedierung von der mittlerweile aufgetauchten Tierärztin ging er in den Hänger. Beziehungsweise wir haben ihn zu fünft Fuß für Fuß hochgeschoben. Die Wunde ist nach einer OP und vier Wochen Pflege zum Glück problemlos geheilt.
Den anschließenden Herbst haben wir mit langsamen Aufbau immer wieder unterbrochen von Hufgeschwüren, Wirbelblockaden und Risswunden verbracht.
Neuer Stall, neues Glück
Im Frühjahr haben wir dann die Sarkoid-OP nachgeholt und ich wurde schwanger. Macy ist die ganze Zeit so auf Sparflamme gelaufen. Nie was schlimmes, aber immer irgendwie unfit. Da die Herde für keines meiner Pferde wirklich gepasst hat, habe ich nochmal den Stall gewechselt.
Im neuen Stall stehen die beiden zusammen in einem Laufstall mit Paddock dran und kommen tagsüber mit einer reinen Wallach-Herde auf die Koppel. Macy und Winnie finden es toll. Nur leider musste Macy mal wieder klettern. Er stieg auf den Paddockzaun und ist abgerutscht. Die Folge war eine lange Risswunde mit einer Knochenhautreizung am Vorderbein. Daran haben wir wieder mal drei Monte rumgedoktort. Mittlerweile konnte ich wegen der Schwangerschaft nicht mehr reiten – also hatten meine beiden Pferde frei.
Neuer Anlauf, altes Spiel
Als ich im November wieder anfangen wollte, ging Macy lahm – Hufgelenksentzündung, diesmal am anderen Vorderbein. Also wieder Pause und Spezialbeschlag. Kennen wir ja schon.
Im Februar ging Macy wieder sauber und seit Mai trainieren wir wieder voll. Ok, Macy ist ein Künstler – voll trainieren heißt bei ihm immer wieder kürzere Pausen wegen verlorener Eisen oder einem Hufgeschwür – aber er ist fit und er will arbeiten.
Macy wird sicher nie ein einfaches Pferd sein. Gesundheitlich mache ich mir bei ihm immer zwei Gedanken mehr und der Blick geht automatisch auf die Beine, sobald er irgendwo läuft. Irgendwann sieht man schon Geisterlahmheiten.
Dennoch ist er eine Seele von Pferd. Er freut sich immer, wenn ich komme. Er ist mit Spaß bei der Arbeit und will neue Sachen lernen. Und er ist immer zuverlässig. Er tut nie etwas gegen den Reiter, selbst wenn er erschrickt springt er nicht weg, sondern zuckt nur. Für mich stellt er sich auch gefährlichen Monstern. Macy ist das Pferd, bei dem ich mir nie Sorgen mache, egal ob ein Kind drauf sitzt oder ein Anfänger – ich weiß er lässt mich nicht im Stich.
Mittlerweile reite ich ihn anders. Er muss nicht mehr eine Stunde laufen. Wir arbeiten so lange es Spaß macht und seine Kraft reicht. Macy muss auch nicht mehr – wir machen was Spaß macht. Ich reite ihn auch nicht jeden Tag. Er hat immer mal wieder frei oder wir gehen nur ins Gelände bummeln. Das tut uns beiden gut.
Ein besonderer Sieg
Deshalb ist dieser Turniersieg etwas besonderes. Nach nur drei Monaten vollem Training. Davor lagen dreieinhalb Jahre Entäuschungen, hoffen, bangen und auch so manch eine verzweifelte Stunde. Denn wenn das Pferd mit hängendem Kopf in der Box steht und nur noch Schmerzen hat, tut es echt weh. Da ist es viel schöner, wenn er stolz bei der Siegerehrung steht. Und Macy weiß, was eine Siegerehrung ist, das merkt man an seinem Blick.
Natürlich fehlt Macy noch hier und da die Kraft und die Feinabstimmung ist nicht perfekt – das habe ich aber auch nicht anders erwartet. Die langen Pausen haben viel Muskelmasse gekostet, die noch nicht zurück ist, ganz besonders im Rücken. Auch der Galopp ist noch wackelig, er durfte ja ewig nicht unter dem Reiter galoppieren, aber das wird schon. Außerdem ist er seit der letzten OP tumorfrei, seit über einem Jahr.
Die blaue Schleife macht ihm und mir neuen Mut. Wir werden langsam weiter machen und aufeinander aufpassen.
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