Bodenarbeit und die so genannte „Freiheitsdressur“ sind nicht erst seit Monty Roberts bekannt. Mit diesem Training lässt sich die Bindung zum Pferd verstärken und die Sensibilität des Pferdes verbessern.
Für die Bodenarbeit brauchen Sie am besten einen fest abgesperrten Roundpen oder Longierzirkel. Das Pferd sollte für den Anfang nicht zu viel Platz habe Ihnen Auszuweichen und keine Ecken in denen es sich verkriechen kann. Der Boden sollte fest und griffig sein, so dass das Pferd gut laufen kann. Außerdem sollten am Anfang nicht allzu viele Ablenkungen vorhanden sein, das Pferd soll sich ja schließlich auf Sie konzentrieren.
Bodenarbeit 1: Die Position zum Pferd
Der erste Schritt in der Bodenarbeit ist das Treiben und Bremsen des Pferdes. Das machen Sie Mit Ihrer Stellung zum Pferd und der Art wie Sie Ihren Körper drehen.
Ihr Blick sollte immer auf die Schulter des Pferdes gerichtet sein. Das wirkt nicht aggressiv auf das Pferd und verhindert, dass Ihnen schlecht wird vom im Kreis laufen. Wie viel Abstand Sie vom Pferd halten, hängt davon ab, wie sensibel das Pferd auf Ihre Körpersprache reagiert. Versuchen Sie am Anfang etwa 5-6 Meter zum Pferd zu halten und in einem Kreis immer auf seiner Höhe mitzulaufen. Lässt sich das Pferd nicht treiben und bummelt, sollten Sie den Abstand verringern. Reagiert das Pferd ängstlich und stoppt immer wieder, sollten Sie den Abstand vergrößern.
Den Unterschied zwischen Treiben und Bremsen macht die Position Ihrer Schultern. Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen langen Balken auf den Schulten, der Ihre Schulterlinie bis zum Pferd verlängert. Diesen imaginären Balken verwenden Sie um das Tempo Ihres Pferdes zu steuern.
Soll das Pferd weiterlaufen oder beschleunigen drehen Sie die Schulter, die zur Kruppe des Pferdes zeigt nach vorne, schiebt der imaginäre Balken das Pferd von hinten an und es geht vorwärts.
Wollen Sie das Pferd bremsen drehen Sie die Schulter die zum Pferdekopf zeigt nach vorne. Der imaginäre Balken bildet so eine Barriere vor dem Pferd und das bremst.
Am Anfang fällt es leichter, wenn Sie nicht nur die Schulter drehen, sondern auch noch den jeweiligen Arm ausstrecken. Für die ersten Versuche hat es sich auch bewährt, zusätzlich noch eine Gerte in die Hand zu nehmen. So ist die Linie fast bis zum Pferd verlängert und es fällt dem Pferd leichter, Ihre Signale zu verstehen. Diese Hilfen bauen Sie dann nach und nach ab, bis das Pferd irgendwann auf Ihre Körperposition reagiert. Wie schnell das geht, hängt stark von Ihrem Pferd ab.
Bei hoch sensiblen Pferden, die in der Herde eine niedrige Position einnehmen, sind meist weniger deutliche Hilfen nötig als bei dominanten, selbstbewussten Pferden. Bei Pferden die nicht in einer Herde stehen und die Körpersprache von Pferden nie gelernt haben, kann das Training ebenfalls eine Weile dauern.
Sie sollten das Training wenn möglich regelmäßig, mindestens einmal pro Woche durchführen. Zu Anfang sollten Sie die Trainingseinheiten kurz halten, da sie für das Pferd recht anspruchsvoll ist. Mehr als 20-30 min machen keinen Sinn.
Bodenarbeit 2: Hilfen mittels Körpersprache
In Teil eins unserer Bodenarbeitsserie haben Sie erfahren, wie Ihre Position zum Pferd dessen Verhalten beeinflusst. Dieser zweite Teil der Serie beschäftigt sich mit den verfeinerten Hilfen, mit denen Sie nicht nur das Tempo, sondern auch die Gangart beeinflussen können.
Durchparieren
Das Pferd soll auf Kommando durchparieren und dabei wenn möglich das Gewicht auf die Hinterhand nehmen. Dazu drehen Sie die Schulter bremsend zum Pferd, bleiben betont stehen und gehen leicht in die Knie, als würden Sie sich auf einen Stuhl setzen wollen. Dabei richten Sie den Oberkörper auf. Idealerweise reagiert das Pferd auf diese Geste, indem es Sie nachahmt, die Hinterbeine weiter untersetzt und abbremst. Das erfordert jedoch meist etwas Übung. Zu Beginn sollten Sie schon damit zufrieden sein, wenn das Pferd durchpariert.
Antraben
Zum Antraben reicht es meist, das Pferd über die treibende Position zu beschleunigen. Klappt das nicht, versuchen Sie mal, mit betont großen flotten Schritten mitzugehen.
Angaloppieren
Auch beim Angaloppieren gilt wieder Vormachen. Um dem Pferd klar zu machen, dass es angaloppieren soll, machen Sie einen betonten Schritt oder sogar Sprung nach vorne. Dabei sollten Sie den Schritt mit dem Bein machen, das der Hand entspricht, auf der das Pferd angaloppieren soll.
Anhalten
Um das Pferd zu stoppen, sollten Sie zuerst am Strick üben. Laufen Sie mit durchhängendem Strick neben dem Pferd her und geben Sie mit Ihrem Körper das Signal zum Durchparieren. Reagiert das Pferd nicht darauf, zupfen Sie leicht am Strick. Das Pferd sollte in Laufrichtung stehen belieben und sich nicht wegdrehen.
Dreht das Pferd sich weg, nehmen Sie eine Wand oder einen Zaun zur Hilfe, um das Pferd gerade zu halten. Stoppt das Pferd zuverlässig, können Sie anfangen den Strick wegzulassen und die Distanz zum Pferd zu erhöhen.
Ziel der Übung ist, dass das Pferd jederzeit auch aus dem Trab geschlossen und mit untergestellten Hinterbeinen stehen bleibt.
Freie Bodenarbeit 3 – Abstand halten
Ein wichtiges Element der Bodenarbeit ist es, den Abstand zwischen Pferd und Mensch zu variieren. Was dabei wichtig ist und worauf es ankommt, soll dieser Beitrag erklären.
Der Persönliche Bereich
„Jemandem auf die Pelle rücken“ verbinden wir automatisch mit etwas Schlechtem, denn der Ausdruck meint: ungefragt in den persönlichen Bereich von jemandem eindringen. Diesen persönlichen Bereich hat jedes Tier. Dringt ein anderes Lebewesen hier ein, ohne eingeladen zu sein, fühlen es sich unwohl und bedroht. Das gilt auch für Menschen.
Wie groß der persönliche Bereich eines Lebewesens ist, hängt von vielen Faktoren ab. Groß starke Tiere mit wenigen Feinden haben keinen so großen persönlichen Bereich wie Fluchttiere. Der persönliche Bereich ist aber nicht immer gleich, er hängt auch von der Stimmung, Erfahrungen und anderen Faktoren ab.
Mittags bei Sonnenschein im Freibad, mit Freunden um uns herum, stört uns ein fremder Mensch zwei Meter neben uns überhaupt nicht. Kommt ein Fremder nachts, wenn wir allein
in einer dunklen Unterführung sind, so nah an uns heran, reagieren wir deutlich angespannter.
Bei Pferden ist das ähnlich: Pferde haben einen relativ großen persönlichen Bereich, in dem Eindringlinge misstrauisch beäugt werden. Steht das Pferd in seiner vertrauten Herde, schrumpft dieser Bereich deutlich zusammen, da die anderen ja einen „Schutzwall“ bilden. In einer fremden Umgebung, mit unheimlichen Geräuschen und unbekannten Gerüchen steigt der Radius noch weiter an und das Pferd reagiert schon auf kleinste Geräusche.
Eine Frage des Vertrauens
Beim täglichen Umgang mit dem Pferd dringen wir ganz selbstverständlich in den persönlichen Bereich des Pferdes ein, meist sogar, ohne das das Pferd die Chance hat auszuweichen, zum Beispiel in der Box.
Wenn wir das Pferd bei der freien Bodenarbeit laufen lassen, geben wir ihm die Möglichkeit auszuweichen. Möchte es also nicht mit uns kommunizieren, kann es einfach weggehen. Umgekehrt kann es aber auch Nähe zulassen, indem wir in seinen persönlichen Bereich eindringen dürfen.
Es ist also eine Frage des Vertrauens, ob wir uns einem frei stehenden Pferd nähern dürfen, ohne dass es wegläuft. Meist beschränken wir den Rückzugsraum des Pferdes jedoch, um Kommunikation zu erleichtern. Ein Roundpen mit 15-20 m Durchmesser macht die Kommunikation deutlich einfacher als eine 20 mal 60m Halle, bei der das Pferd sich in der hintersten Ecke verkriechen kann.
Der Chef bestimmt den Abstand
Wer wie weit in den persönlichen Bereich des anderen eindringen darf, ist auch eine Frage der Rangfolge. Der Ranghöhere verteidigt seinen Bereich, wenn jemand eindringt. Der Rangniedrigere weicht aus, um den Abstand zu halten.
Dieses Prinzip verwendet man am Anfang in der Bodenarbeit, um das Pferd zu treiben und zu wenden. Geht man von hinten auf das Pferd zu, wird es nach vorne ausweichen, geht man von vorne auf das Pferd zu wird es bremsen und sich umdrehen, um auszuweichen.
Manche Pferde akzeptieren den Menschen nicht von vorneherein als Ranghöheren und testen mal aus was sie dürfen. Beliebt ist es dabei dem Menschen auf die Pelle zu rücken und auszuprobieren, ob der Mensch ausweicht.
Weicht der Mensch aus, gesteht er dem Pferd die ranghöhere Position zu. Damit ist nicht gemeint, dass sie vor einem durchgehenden Pferd stehenbleiben sollen, sondern das sie im täglichen Umgang darauf achten, dass das Pferd ausweicht und nicht sie.
Draußen bleiben
Der erste Schritt ist also, dem Pferd klar zu machen, welchen Abstand Sie für sich beanspruchen und wo das Pferd laufen soll.
Am einfachsten ist es, das Pferd auf dem ersten Hufschlag laufen zu lassen. Treiben Sie das Pferd vorwärts und versuchen Sie es dazu zu bringen, draußen zu bleiben. Kommt das Pferd auf Sie zu, machen Sie sich groß, deuten mit ausgestrecktem Arm nach außen und gehen ihrerseits auf das Pferd zu.
Heben Sie dabei den Kopf, nehmen Sie die Schultern zurück und schauen Sie das Pferd direkt an. Weicht das Pferd nicht, schubsen Sie es weg.
Irgendwann wird das Pferd um Sie herum laufen. Ziel ist es nun, den Kreis auf den Hufschlag zu verlegen. Dazu müssen Sie am Anfang wahrscheinlich mitlaufen und das Pferd mit Ihrer Präsenz immer wieder nach Außen schicken. Wie groß der Kreis ist, den Sie mitlaufen müssen hängt davon ab, ab wann Ihr Pferd anfängt zu weichen.
Versuchen Sie die Kreise die Sie laufen immer kleiner werden zu lassen. Kommt das Pferd nach innen, vergrößern Sie Ihren Kreis wieder.
Abstand vergrößern
Reagiert Ihr Pferd nicht auf ihre Körpersprache alleine, können Sie auch Hilfsmittel verwenden. Am einfachsten ist eine einfache Longierpeitsche, mit der Sie auf die Schulter des Pferdes zeigen können, um es auf Abstand zu halten. Bei sehr büffeligen Pferden können Sie einen kleinen Schaumgummiball an der Spitze der Peitsche anbringen und damit das Pferd immer wieder anstupsen.
Der Schritt zurück wäre dann ein einfache Gerte oder ein Führstrick, mit dessen Ende sie nach dem Pferd werfen, wenn es zu nahe kommt. Sie werfen natürlich nicht mit dem Haken, sondern mit dem anderen Ende.
Übrigens: Je schneller das Pferd ist, desto einfacher bleibt es draußen. Bei sturen Kandidaten kann es helfen erstmal im Trab und Galopp zu üben und erst zum Schluß im Schritt.
Abstand verkleinern
Schwieriger als das Wegschicken, ist das Heranholen eines Pferdes. Die Körpersprache hierfür ist Kopfsenken, Schultern rund machen und über die Kopfseite des Pferdes wegdrehen. Damit sagen Sie dem Pferd: Ich vertraue dir und muss dich nicht mehr im Auge behalten. So laden Sie Ihr Pferd ein heranzukommen.
Aus diesem Prinzip entwickelt sich später auch die Entfernungssteuerung. Je größer Sie sich machen und je ausladender die Gesten sind mit denen Sie ihre Kommandos geben, desto mehr Abstand wird das Pferd halten. Soll das Pferd näher kommen, machen Sie sich kleiner und arbeiten mit kleinen, feinen Signalen.
Zirkel vergrößern und verkleinern ist eine sehr schwere Aufgabe in der freien Bodenarbeit. Einfacher ist es, das Pferd zu sich zu rufen und stehen zu lassen.
Freie Bodenarbeit 4: Wenden und Hand wechseln
Einer der Vorteile der freien Bodenarbeit gegenüber dem Longieren ist, dass man das Pferd öfter Hand wechseln lassen kann und daher die Beine nicht so einseitig belastet werden. Doch wie vermittelt man einem Pferd, dass es wenden soll?
Wendungen erfordern am Anfang, dass Sie sich bewegen und in den Laufweg des Pferdes stellen. Wie immer lassen sich diese Hilfen nach und nach abbauen, bis ein Schritt oder ein Handzeichen reichen.
Wendung zur Wand hin
Der einfachste Weg, ein Pferd zum umdrehen zu bewegen ist es ihm den Weg abzuschneiden. Die meisten Pferde bremsen dann und drehen sich zur Wand hin um. Dreht sich das Pferd nicht in die gewünschte Richtung, kann man sich auch in einem leicht spitzen Winkel zur Bande aufstellen, um dem Pferd die Richtung zu verdeutlichen. Eine Peitsche als Verlängerung für den Arm hilft am Anfang.
Wendung zur Mitte hin
Um ein Pferd zur Mitte hin zu wenden, stellen Sie sich im stumpfen Winkel zur Bande hin. So fungieren Sie quasi als Abweiser und schieben das Pferd von der Bande weg. Wie Ihr Winkel zur Bande sein muss, damit das Pferd nicht nur abkürzt sondern wirklich umdreht, erfordert ein wenig herumprobieren.
Vorhandwendung
Neben den Stops und Drehungen aus der Bewegung heraus, kann man das Pferd auch aus dem Halten heraus wenden. Das erfordert feinere Abstimmung und eine viel nähere Kommunikation mit dem Pferd.
Für eine Vorhandwendung muss das Pferd stehen bleiben und Sie direkt neben sich tolerieren, ohne sofort auszuweichen. Halten Sie das Pferd an und stellen Sie sich an der Außenseite neben das Pferd, mit Blickrichtung zum Pferd. Wichtig ist, dass Sie hinter der Schulter des Pferdes stehen.
Schieben Sie nun mit der hinteren Hand die Kruppe des Pferdes von sich weg. Will das Pferd davon laufen, bremsen Sie es mit einer Hand an der Brust. Eine Gerte erleichtert es die Hinterhand zu erreichen – das Pferd sollte einer leichten Berührung mit der Gerte ausweichen. Nach und nach können Sie die direkten Hilfen dann abbauen – Sie sollten aber immer hinter der Schulter stehen bleiben als Unterscheidung zur Hinterhandwendung.
Hinterhandwendung
Etwas kniffliger als die Vorhandwendung, ist die Hinterhandwendung. Diese Wendung bauen Sie ebenfalls aus dem Halten auf. Ziel ist es, dass die Hinterbeine auf der Stelle treten und die Vorhand darum tritt.
Dafür stellen Sie sich vor die Schulter des Pferdes neben den Hals. Schieben Sie nun das Pferd zur Seite weg. Will das Pferd nach hinten ausweichen, kann man es mit einer Gerte in der hinteren Hand am Oberschenkel antippen.
Tipp
Viele Pferde reagieren besser wenn man mit dem Rücken zum Hals steht und das Pferd so wegschiebt. Stehen Sie dabei so nah am Pferd, dass es nicht nach vorne gehen kann.
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